PRA

Die Progressive Retinaatrophie – PRA

Was bedeutet PRA?

Die progressive Retinaatrophie oder auch kurz PRA genannt ist ein langsam fortschreitendes (progressiv) Absterben/Zugrundegehen (Atrophie) der Netzhaut (Retina). Die Netzhaut kleidet als innerste dünne Schicht die hinteren Augenabschnitte aus und besteht aus unzähligen Nervenzellen. In der Netzhaut werden die Lichtreize von der Umwelt aufgenommen und zu elektrischen Impulsen verarbeitet, welche dann über den Sehnerv zum Gehirn weitergeleitet und dort zu “Bildern” verarbeitet werden.

Die Netzhaut spielt somit eine wesentliche Rolle bei dem Sehvorgang. Die Netzhaut ist in gewisser Weise mit einem Film einer Fotokamera vergleichbar. Der Name „PRA“ ist der Überbegriff ähnlicher genetisch bedingter Erkrankungen der Netzhaut, welche ab einem bestimmten Alter auftreten, um dann allmählich zur vollständigen Erblindung zu führen. Da die Erkrankung erblich ist, trägt das betroffene Tier die Anlagen zur Erblindung bereits zum Zeitpunkt der Geburt in sich, erkrankt jedoch in der Regel erst zu einem späteren Zeitpunkt.

Wie wird die PRA vererbt?

Der Erbgang der PRA ist bis auf eine Ausnahme (Siberian Husky: gonosomal dominant, gebunden an das X-Chromosom) bisher bei allen Rassen autosomal rezessiv, d.h. es können sowohl weibliche als auch männliche Tiere gleichermassen erkranken. Für jedes Merkmal gibt es zwei Gene im Körper, die für die Ausprägung des Merkmals verantwortlich sind. Für den Ausbruch der PRA ist es notwendig, dass bei dem betroffenen Tiere beide “PRA-Gene” verändert sind; ist nur ein Gen verändert, so kommt die Erkrankung bei diesem Tier nicht zum Ausbruch.

Das Tier ist jedoch ein Träger und gibt, auch wenn es selbst nicht erkrankt, die Veranlagung zur PRA weiter. Dementsprechend können zwei gesunde Elterntiere, die PRA-Träger sind, kranke Nachkommen zur Welt bringen. Erkrankte Tiere vererben die Erkrankung immer weiter. Aufgrund des rezessiven Erbgangs und des späten Auftretens der PRA im Leben der betroffenen Tier kann die Erkrankung auch nach einigen Generationen wieder auftreten.

Es können auch Mischlingshunde an PRA erkranken, wenn sie von Rassehunden abstammen, die an PRA erkrankt sind oder diese Veranlagung weiter vererben.

Wie äußert sich die PRA?

Es gibt bei verschiedenen Rassen verschiedene Formen der PRA, die z.B. nach dem Zeitpunkt des Krankheitsbeginns, eingeteilt werden können. In den meisten Fällen treten die ersten merkbaren Veränderungen im Alter zwischen drei und fünf Jahren auf und führen dann im Alter von sechs bis neun Jahren zur
vollständigen Erblindung.

Es gibt teilweise rassespezifische Formen der PRA, die zu einem früheren Lebenszeitpunkt einsetzen und dementsprechend früher zur Erblindung führen können. Es gibt Zellen in der Netzhaut die für die Nachtsicht und welche, die für das Sehen bei Tag verantwortlich sind. Bei der PRA beginnen zuerst die „Nachtsichtzellen“ abzusterben bzw. zu degenerieren. Für den Besitzer ist daher im Anfangsstadium auffällig, dass sich die Tiere im Dämmerlicht oder im Dunkeln unsicher bewegen, ängstlich sind und unbekannte Objekte oder Personen verbellen.

Teilweise stoßen die Tiere auch gegen unbekannte Dinge an oder weichen dem Besitzer nicht mehr von der Seite. Ein weiteres Zeichen ist der unvollständige Schluss der Pupillen bei einfallendem Licht und ein stärkeres “Leuchten” der Augen in der Dunkelheit als gewöhnlich, was ein Zeichen für eine dünner werdende Netzhaut ist. Dadurch kommt die unter der Netzhaut gelegene Schicht, das leuchtende Tapetum lucidum, verstärkt zum Vorschein. Diese Anfangssymptome verschlechtern sich dann in den darauf folgenden Monaten und führen zu einer spürbaren Sehverschlechterung auch im hellen Licht. Zwischen den ersten merkbaren Symptomen und der vollständigen Erblindung vergehen in den meisten Fällen einige Jahre. Eine häufige, mit der PRA kombinierte Erkrankung stellt der graue Star dar. Der graue Star (Katarakt) ist eine Eintrübung der Linse, die ihrerseits auch zu Seheinschränkungen oder zur Erblindung führen kann. Bei Hunden die an der PRA und dem grauen Star leiden, ist eine operative Entfernung der Linse (Kataraktoperation) in nahezu allen Fällen nicht indiziert bzw. sinnlos, da eine Verbesserung des Sehvermögens, wenn überhaupt, nur für eine sehr beschränkte kurze Zeit erlangt werden kann.

Wichtig ist jedoch zu wissen, dass als Folge des grauen Stars nach einigen Jahren der grüne Star (Erhöhung des Augeninnendrucks) auftreten kann. Der grüne Star gehört mit zu den schmerzhaftesten Erkrankungen des Auges und kann zum Verlust des gesamten Augapfels führen und muss daher unbedingt behandelt werden. Aus diesem Grunde sollten Tiere, die an der PRA leiden, ca. einmal jährlich zu einer Kontrolluntersuchung der Augen vorgestellt werden, damit weitere Folgeschäden frühzeitig erkannt und dann z.B. mit einer Tropfentherapie behandelt werden können.

 

Die PRA wird bei verschiedenen Rassen durch verschiedene Gene übertragen, so dass ein Gentest in der Regel immer nur für eine Rasse aussagekräftig ist. Ist das Gen für die Rasse bekannt, dann kann anhand einer Blutuntersuchung bereits beim Welpen festgestellt werden, ob es sich um ein freies Tier, ein Trägertier oder ein Tier, das im späteren Leben erblinden wird, handelt. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass ein Gentest niemals die regelmäßigen zuchtrelevanten Augenuntersuchungen, die für verschiedene Rassen angeraten und/oder vorgeschrieben sind, ersetzen kann. Aufgrund von spontanen Mutationen können immer wieder neue Formen der PRA bei den einzelnen Rassen auftreten, die auf unterschiedlichen Genen lokalisiert sind.

Gibt es Behandlungsmöglichkeiten der PRA?

Leider muss auf diese für den Besitzer wichtigste Frage mit einem eindeutigen “Nein” geantwortet werden. Bis heute gibt es keinerlei Medikamente oder operative Maßnahmen, um die PRA zu heilen, aufzuhalten oder gar nicht erst zum Ausbruch kommen zu lassen.

Aus diesem Grund ist es ungemein wichtig, die PRA durch züchterische Maßnahmen (regelmäßige Kontrolluntersuchung von Zuchttieren und Ausschluss befallener Tiere und deren Eltern und Geschwister von der Zucht) zu bekämpfen. Bei vielen Hunderassen sind diese Vorsorgeuntersuchungen bereits Pflicht, um die Zuchtzulassung zu erlangen und werden von spezialisierten Tierärzten durchgeführt.

Wie sieht ein Hundeleben mit PRA aus?

Die betroffenen Tiere sind wegen des langsamen Fortschreitens der Erkrankung und wegen ihres ausgeprägten Geruchs- und Gehörsinnes in nahezu allen Fällen sehr gut in der Lage sich an die veränderte Situation anzupassen. Häufig kommen die Tiere so gut mit der Erkrankung zurecht, dass dem Besitzer eine Sehverschlechterung erst in ungewohnter Umgebung (z.B. Urlaub oder Umzug) auffällt.

Die PRA an sich ist nicht schmerzhaft und stellt daher keinen Grund zur Euthanasie dar. Die möglichen Folgeerscheinungen grauer und grüner Star sollten hingegen aufgrund der möglichen starken Schmerzhaftigkeit ernst genommen und behandelt werden. In keinem Fall sollte mit betroffenen Tieren oder deren direkten Verwandten gezüchtet werden.

Quelle: https://tieraugenpraxis.de/